Waseberg: Der kurze, brutale Anstieg, der Hamburg berühmt macht
Es gibt Anstiege, die definiert man nicht über ihre Länge oder Höhe. Sie sind kurz, aber sie brennen sich ein – in Beine, Lungen und Köpfe. Für mich ist der Waseberg in Blankenese genau so ein Anstieg. Kein Alpenpass, kein Pyrenäenmonster. Nur 700 Meter. Aber 700 Meter, die alles fordern.
Schon die Anfahrt fühlt sich besonders an. Man rollt durch Blankenese, vorbei an alten Kapitänshäusern, Treppenviertel-Romantik und Villen mit Elbblick. Links rauschen Containerschiffe elbabwärts, rechts schlendern Spaziergänger durch verwinkelte Gassen. Alles wirkt friedlich.
Dann kommt der Punkt, an dem die Straße plötzlich explodiert. Erst 8, 9 Prozent, und im nächsten Moment 15, 18, fast 20. Der Waseberg kennt keine Gnade. Er nimmt dir Rhythmus, er nimmt dir Sauerstoff, er prüft, ob du wirklich Radsportler bist oder nur jemand, der gern Trikot trägt.
Und Hamburg verwandelt diesen Anstieg jedes Jahr in eine Bühne. Bei den Cyclassics wird aus dem stillen Blankenese ein Hexenkessel. Tausende Hamburger:innen stehen dicht an dicht, schreien dich nach oben, klatschen, grölen, Kuhglocken scheppern. Es riecht nach Bier und Bratwurst, nach Elbe und Sommer.
Oben angekommen ist der Blick über die Elbe der süßeste Lohn. Du siehst Kräne im Hafen, vielleicht ein AIDA-Schiff, Möwen im Wind. Und plötzlich weißt du: dieser Anstieg ist mehr als Asphalt und Prozentzahlen. Er ist Hamburg in Reinform – rau, direkt, voller Energie.
Wenn ich oben ausrolle, keuchend, mit zitternden Beinen, denke ich jedes Mal: „Nie wieder.“ Doch sobald ich Luft bekomme, will ich zurück. Denn der Waseberg ist nicht nur ein Hügel. Er ist ein Mythos. Und wer ihn fährt, nimmt ein Stück Hamburg mit in den Beinen.
